NEIN!

Ein sinnvolles Hundetraining basiert auf Verhaltensaufbau. Das heisst, man bringt dem Hund auf eine artgerechte weise bei, was er tun soll, wir zeigen ihm so, wie er sich in unserem Alltag gut zurecht finden kann aber auch, weil ganz simpel, wir es so möchten. Schon mit dem Welpen fangen wir in der Regel an, ihm beizubringen, sich auf ein Signal hin zu setzen oder den Blickkontakt zu seinem Menschen aufzunehmen. Wir bauen also Verhalten auf und formen es in die Richtung, wie wir es uns vorstellen. Das macht Sinn, weil ein Hund von sich aus nicht weiss, wie er sich zu verhalten hat, damit es für alle Beteiligten am angenehmsten ist.

Uns Menschen sollte dabei bewusst sein, dass für den Hund das Signal «sitzen» von einem Signal «gib die Pfote»,  von der Wichtigkeit her nicht zu unterscheiden ist. Solche Verhaltensweisen auf ein Signal hin auszuführen ist für ihn sinnlos, hat keinen Mehrwert. So ist es für den Hund nicht nachvollziehbar, wenn man ihn am Halsband hochzieht oder mit der Hand den Hintern runterdrückt, nur damit er sich hinsetzt. Ebenso unnötig wäre es, wenn man eine ähnlich unsinnige Methode anwenden würde, nur um den Hund dazu zu bringen, uns seine Pfote zu geben. Schlussendlich ordnet der Hund beide Übungen in die Kiste «unnötig» ein, führt beides aber sehr schnell aus, wenn das Training richtig gestaltet wird. Folgt nach dem Sitzen eine angenehme Konsequenz, wird die Übung dann auch mit mehr Freude ausgeführt.

Nun sind wir aber Menschen und als solche stellen wir schon beim Welpen fest, dass dieser sehr bald Verhaltensweisen zeigt, die uns so gar nicht gefallen. Das fängt beim Zerkauen der teuren Schuhe an, geht weiter mit Hochspringen wenn wir heimkommen und endet vielleicht bei der Stubenreinheit, die noch nicht so zuverlässig klappt, wie man sich das wünscht.

Ob nun aber Welpe oder bereits erwachsener Hund spielt im Prinzip keine Rolle – zu oft hört man Menschen, die ihre Hunde mit einem scharfen NEIN anzischen und auf diese Weise ein bestimmtes Verhalten stoppen wollen. Oft führt ein einmaliges Aussprechen nicht zum gewünschten Erfolg; Die menschliche Stimme wird noch emotionaler und vielen Hunden sieht man an, dass sie beginnen zusammen zu fallen wie eine instabile Sandburg.

Warum ist dies so?

Vor allem sensible Hunde haben grosse Mühe mit dieser geballten Ladung negativer Emotionen, die in einem NEIN mitschwingen. Und Hunde, als Meister der nonverbalen Kommunikation spüren sehr deutlich, welche Aufforderung wir Menschen ihnen mit diesem NEIN entgegenbringen. Der eine Hund reagiert promt, vor allem, wenn eine nachfolgende negative Konsequenz folgt, z.B. ein Leinenruck oder ein Kneifen in die Lende, andere Hunde werden im Verhalten gehemmt und entwickeln eine Unsicherheit. Sie wissen zwar, dass sie etwas tun, das uns verärgert aber sie bekommen leider nicht die zwingend nötige Information: Welches Verhalten sie stattdessen zeigen sollen.

Muss das sein?

Es ist auf jeden Fall verständlich, dass man verhindern möchte, dass der Welpe teure Schuhe anknabbert. Ebenso möchte man nicht, dass der Hund fremde Menschen anspringt. Hunde aber müssen erst lernen, wie sie sich verhalten sollen und diese Verantwortung tragen wir Menschen. So einfach es gesagt ist, so simpel ist es oft in der Umsetzung. Es bedarf zu Beginn «nur» ein Umdenken. Hat der Welpe genügend Kausachen damit er sein biologisch absolut natürliches Kaubedürfnis an Spielsachen oder einem Kauknochen ausleben kann? Ebenso rufen wir den Hund zu uns, bevor er z.B. einen fremden Menschen überhaupt zu nahe kommen und anspringen kann oder belohnen ihn beim nach Hause kommen zügig schon dann, wenn noch alle vier Pfoten am Boden sind. So und nicht anders versteht der Hund auf artgerechte Weise, was wir von ihm möchten. Springt uns der Hund entgegen – waren wir zu langsam oder der Hund einfach zu schnell. Das kann schon mal vorkommen. Einen Hund aber zu bestrafen, weil er uns aus lauter Freude entgegen springt, weil er noch keine Chance hatte, zu lernen, was wir von ihm möchten, ist dem Tier gegenüber höchst unfair.

Des weiteren gehört dieses NEIN prinzipiell zu einem klassischen Verhaltens-Abbruchsignal, welches meistens nicht richtig auftrainiert wurde. Das Signal wurde vom Hund jeweils mit negativer Konsequenz verknüpft und wirkt darum bei gewissen Hunden gar nicht bzw. nur wenn sich der Mensch in unmittelbarer Nähe befindet oder aber hemmt  das Tier im Verhalten. Hemmen wir einen Hund, schlummern die Emotionen immer noch tief in ihm drin und können in anderen Situationen zum Vorschein kommen. Mit Hemmen können wir ein Verhalten stoppen aber nicht an den zugrundeliegenden Ursachen, der Motivation trainieren. Wir stoppen somit ein Verhalten für den Moment, zeigen dem Hund aber auch hier nicht auf, was wir von ihm möchten.

Nicht zuletzt sollte sich ein jeder Mensch, der gerne regelmässig Verhalten von seinem Hund hemmt und verbietet Gedanken machen, wie er sich selber fühlen würde, wenn ihm sein Partner, Freund, Mutter oder Vater dauernd zurufen würde, was er unterlassen soll. Es ist für uns alle um einiges angenehmer die Information zu bekommen, welche Tür für uns offen ist, statt ewig vor verschlossenen Türen zu stehen.

Drum mein Tipp an Sie: Schnappen Sie sich Hund und Leine und begeben Sie sich auf einen Spaziergang einer anderen Art – achten Sie heute vermehrt auf das erwünschte Verhalten von Ihrem Hund, freuen Sie sich darüber und belohnen Sie ihn dafür!

 

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